Genosse Ernst Kemmin

Aus dem Leben des Genossen Ernst Kemmin

Quelle: Aufzeichnungen Thiede, Dokumentation Anlage 3, Nr. 4, Blatt 1-4
(Nach Mitteilungen der Ehefrau, Franz Schuhmachers und Marie Hermanns
und Ratsarchiv, Akte 203, „Verhandlungen der Stadtverordneten“)

Ernst Kemmin wurde als Sohn eines Angehörigen der Charlottenburger Berufsfeuerwehr am 12. März 1891 in Mildenberg/Kreis Templin geboren.
Der Vater erlitt in Ausübung seines Dienstes einen schweren Unfall und wurde arbeitsunfähig. Da er zu diesem Zeitpunkt das zehnte Dienstjahr noch nicht vollendet hatte, bestand kein Recht auf auf eine Pensionszahlung. Deshalb war die Familie auf eine karge Invalidenrente angewiesen. Als der Vater an den Spätfolgen des Unfalls starb, war Ernst gerade 11 Jahre alt.
Die Mutter musste nun ihn und seine zwei Schwestern allein durchbringen.
Ernst Kemmin lernte in Mildenberg bei seinem Großvater den Beruf eines Stellmachers und ging nach der Gesellenprüfung auf Wanderschaft, die ihn in den Harz und nach Westfalen führte.
Die Mutter, eine geborene Stabe, zog, weil sie ernsthaft erkrankte, in ihren Geburtsort Altlüdersdorf zu ihren Verwandten zurück und verstarb dort 1910. Ernst musste von der Walz nach Hause zurückkehren, um für die minderjährigen und noch schulpflichtigen Schwestern zu sorgen. 1912 erhielt er die Einberufung zum Militärdienst bei einem Truppenteil im Saargebiet.
Mit dem Ausbruch des Krieges begann für Ernst Kemmin der Fronteinsatz.
Erst im Dezember 1915 weilte er in der Heimat auf Kurzurlaub, um die „Kriegstrauung“ mit Emma Dohms in Altlüdersdorf vollziehen zu können.
Während seiner Dienstzeit befreundete er sich mit einem Kameraden namens Sommerfeld.
Das sollte sich künftig noch als sehr nützlich erweisen, denn der Zufall wollte es, dass dieser Sommerfeld etwa zehn Jahre später ausgerechnet den Posten eines „Landjägers“ - so die offizielle Berufsbezeichnung für die der Kreisverwaltung unterstehenden Polizisten in der Weimarer Republik – in Gransee bekleiden sollte.
Ende 1918 kehrte Ernst Kemmin aus dem Krieg zurück. Nach kurzzeitiger Arbeitslosigkeit fand er in der Granseer Landmaschinenfabrik Dechert Beschäftigung in seinem erlernten Beruf als Stellmacher. Er machte hier die Bekanntschaft mit seinem Arbeitskollegen Franz Schuhmacher, mit dem er im Betrieb die Zelle des „Deutschen Metallarbeiter-Verbandes“
organisierte. Er gehörte ein Jahr später zu den Mitbegründern des „SPD-Ortsvereins“ und übernahm eine Funktion im Vorstand.
1922 gelang ihm ein Wohnungskauf in Gransee. Er zog von Altlüdersdorf in die Stadt.
Damit besaß er die Bürgerrechte und erwarb somit die Voraussetzung für seine Wahl zum Stadtverordneten im Mai 1924. Als Vorsitzender der SPD-Fraktion des Elternbeirates setzte er sich für eine freie Jugenderziehung an der Volksschule ein.
Mit dem Machtantritt der Nationalsozialisten verlor er sein Mandat als Stadtverordneter. Gemeinsam mit Franz Schuhmacher und anderen Genossen verschleppte man ihn 1933 nach Neuruppin und 1944 ins KZ Sachsenhausen. Während der Inhaftierung im KZ zwangen ihn die SS-Aufseher dazu, barfüßig auf den mit scharfkantigem Steinschotter befestigten Lagerstraßen zu laufen.
Der Schmutz ließ die unzähligen Wunden an den Füßen entzünden und vereitern, bis er überhaupt nicht mehr auftreten konnte. Deshalb verlegte man ihn in eine Außenstelle des KZ nach Falkensee.
Die anderen Granseer Häftlinge hatten in Sachsenhausen inzwischen ihre Entlassungsscheine erhalten. Als Franz Schuhmacher feststellte, dass sein Freund und Genosse Ernst Kemmin nicht zurückgekehrt war, fuhr er auf seinem Fahrrad über Sachsenhausen nach Falkensee, errang tatsächlich die Entlassung und brachte Ernst Kemmin auf dem Rad zurück zu seiner Familie.
Sieben Wochen lang musste der Geschundene im Bett verbringen bevor er wieder laufen konnte.
Nach dem Krieg gründete Ernst Kemmin mit Franz Schuhmacher zum zweiten Mal eine SPD-Ortsgruppe in Gransee. Zugleich wurde er zum Mitbegründer einer Ortsgruppe des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes. Als Vorsitzender der SPD-Ortsgruppe trat er für die Zusammenarbeit mit der KPD-Ortsgruppe und deren Vorsitzenden Franz Schulze ein.
Beide übernahmen nach der örtlichen Vereinigung von SPD und KPD zur SED, die am 10. März 1946 im „Gesellschaftshaus“ vollzogen wurde, den gemeinsamen Parteivorsitz nach paritätischem Prinzip.
Mit den Kommunalwahlen vom 15. September 1946, den ersten Nachkriegswahlen, erlangte Ernst Kemmin nicht nur das ihm einst von der nationalsozialistischen Diktatur gewaltsam entrissene Stadtverordnetenmandat zurück, sondern fungierte aufgrund des Wählervotums fortan zugleich als stellvertretender Bürgermeister der Stadt Gransee.
Allerdings hatte bei dieser Kommunalwahl in Gransee die CDU eine knappe Mehrheit erreicht und damit das von der SMAD zugebilligte Recht zur Stellung des Ersten Bürgermeisters erworben. Gegensätzliche politische Auffassungen und persönliche Anfeindungen erschwerten Ernst Kemmin die Ausübung seines Amtes erheblich. Unter der ständigen Anspannung und Belastung litt sein gesundheitlicher Zustand. Sein chronisches Leiden, das Herzasthma, verschlimmerte sich. Noch vor dem Erreichen des Rentenalters musste er sein Amt aufgeben und sich aus der aktiven Politik zurückziehen. Er starb, erst 67 Jahre alt, am 15. Januar 1958.

Diplom-Historiker
Carsten Dräger
SPD-OV Gransee-Fürstenberg

GraFü-Kurier

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